Fast allen Gesellschaften ist der Glaube an “etwas Höheres” zu eigen. Religion bedeutet Bindung an eine gemeinschaftliche Idee, an eine größere Sache (lat. re-ligio = Rück-(Ver)bindung).

Andersgläubige werden als “Ungläubige” bezeichnet, auch wenn sie dieselben Glaubenswurzeln haben. Das alte Testament die Grundlage für Judentum, Christentum und Islam. Für alle sind dieselben Stätten in Jerusalem heilig, um die noch bis vor kurzem blutig gestritten wurde. Das aberwitzigste Unternehmen war ein Kreuzzug der Kinder, der 1212 von Köln von einem 14-jährigen Nikolaus angeführt wurde. Parallel ging ein Zug mit fast 5.000 Kindern von Zentralfrankreich aus. Auf dem beschwerlichen Weg starb die Hälfte, der Rest kam in die Sklaverei Nordafrikas. Niemand kam jemals in Jerusalem an.

Da Menschen immer auf der Suche waren, folgten sie oft wortgewandten Führern, die sie motivieren. Der sich daraus bildende gesellschaftliche Konsensus gibt den Suchenden Kraft und Legitimation. Sie finden darin eine Aufgabe, für die Gemeinschaft etwas beizutragen.

Aus solchen Bewegungen bildeten sich Institutionen, die Religionen schufen (siehe Marvin Harris, Menschen, ab Seite 375). Deren Führer beanspruchten Macht und zementierten sie, indem sie rund um den einfachen Kern der Aussage, monströse Gebilde an Riten, Institutionen und psydowissenschaft- lichem Brimborium ansiedelten, das aus zumeist ganz selbstverständlichen Lehren des gesunden Menschenverstandes (oder der Naturreligionen) eine “Geheimwissenschaft” machte, die keiner mehr verstand und somit stets der Interpretation des Fachmannes bedurfte. Dieses Vorgehen prangerte der jüdische Prophet Micha bereits im 8. JH vor Christus vehement an. Besonders verwerflich empfinde ich, dass viele Religionen keinen Respekt vor den Menschen zu haben scheinen. Gläubige werden oft als immer währende Sünder und Schuldige angesehen (Erbsünde).

Viele Menschen haben von ihrer eigenen Religion lediglich ein rudimentäres Wissen. Selbst Eiferer, die beständig alte Quellen erforschen und so nach Richtigkeit ihres Denkens suchen, sind selten guten Willens, Andere zu verstehen oder in sich selbst hinein zu horchen. Diese Starrheit machen sie zum Gesetz und schließen somit andere Ideen aus. Sie suchen Antworten in Jahrhunderte alten Texten, doch sind diese heute noch zeitgemäß? Es kann doch nicht angehen, dass alte Dogmen ausgekramt werden und diese zu einem Gesetz in unserer modernen Gesellschaft werden? Bibel und Koran beanspruchen für sich, die “geoffenbarte Wahrheit” zu sein. Diese Art der Orthodoxie zeichnet sich durch eine besondere Liebesarmut aus.

Die Reformation unter Zwingli war 1523 das erste erfolgreiche Aufbegehren gegen starre Strukturen. Doch viele Reformen, wie auch die Wiedertäuferbewegung wurden im Keim erstickt, denn sie unterminierten die Macht des Klerus und des Adels. Nachdem die herrschenden Fürsten aber erkannten, dass Ihnen die Reformation dazu diente, Unabhängigkeit vom Papst zu erreichen, unterstützten sie später Luther. Zwingli musste für seine Ideen noch das Leben lassen.

Jefimowitsch Rasputin dazu: „Ich hatte in meiner Seele das Bedürfnis, etwas zu finden, das dem Menschen das wahre Heil bringen könnte. Ich suchte nach Beispielen bei unseren Popen, aber das alles genügte mir nicht. Nur Singen und lautes Beten, wie einer, der regelmäßig Holz hackt – das konnte doch nicht alles sein?“

Überall auf der Welt sind Gläubige der Überzeugung, dass sie der göttlichen Weisheit näher sind, wenn sie unglaubliche Mühen und Entbehrungen auf sich nehmen. Im Tibet umrunden sie den heiligen Berg Kailash, andere fasten, meditieren oder geißeln sich. 

Hätten Rasputin damals den Dalai Lama getroffen, wäre er sicherlich begeistert gewesen, wie einfach und klar alles sein kann. Es geht einzig und alleine um die Hinwendung zum Leben, zu den Menschen.
Durch damit verbundene Liebe kann alles überwunden und erreicht werden, darin sind sich fast alle Religionen einig, genauso einig sie sich sind, indem sie unisono fordern, Andere zu lieben. Doch wie soll das gehen, wenn die Menschen zuvorderst sich selbst nicht lieben, also den ersten Menschen, mit dem die Seele zu tun hat, nicht akzeptieren so wie er ist? Die Meisten vergleichen sich permanent mit Anderen und decken schonungslos die Fehler der Anderen auf. Sind es da nicht eher die eigenen Fehler, die wir bei anderen entdecken und dort bemängeln? Wer hält schon die Betrachtung seines Spiegelbildes lange aus?

Die Meisten sind nicht gerne mit sich alleine. Deshalb schließen sie sich Gruppen an, die angeblich die gleichen Interessen verfolgen oder sie projizieren ihre Hoffnungen auf einen Partner, der möglichst ihre eigene Unvollkommenheit bestätigen soll. “Ich liebe Deine schöne Gestalt” hören wir gerne, auch wenn wir vielleicht schon aus der Form geraten sind. Mehr darüber bei OSHO: “Liebe Freiheit Alleinsein”, dass ich mit Einschränkungen empfehle. Das Buch ist unausgegoren und es werden Schlüsse gezogen, die dem Verständnis der “wachen Seelengemeinschaft” widersprechen. Trotzdem enthält es alle wesentlichen Facetten der Betrachtung, so dass ich hier im Einzelnen nicht mehr darauf eingehen werde. Der Partnerschaftswunsch ist für Millionen von Singles weltweit ein Ersatz für Bindung (möglichst mit amtlichem Stempel und unter juristisch klar definierten Rahmenbedingungen).

Die Wege von Religion sind unterschiedlich. Sie entsprechen der jeweiligen Tradition, Kultur- und Gesellschaftsform. Das Ziel ist gleich, doch wurde vergessen, die Menschen darauf hinzuweisen, zuerst sich selber zu lieben, denn ohne Selbstliebe ist die Liebe für Andere nicht möglich ("Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst" Lev 19,18; Lk 10,27). Jiddu Krishnamurti lehnte deshalb alle Religionen, Sekten und Organisationen entschieden ab.

Durch den Verlust der Bibliothek in Alexandria ist der Menschheit der größte Schaden seit Menschen- gedenken entstanden. Es ging ein wertvoller Teil des kollektiven Wissens aus der Antike verloren. Wir reisen heute in 41 Stunden um die ganze Welt, betrachten unseren Erdball aus dem Weltraum oder auf Google-Earth und haben eine erdumspannende Kommunikation, das Internet. Ganze Bibliotheken werden zwischenzeitlich durch Google gescannt und die Inhalte allen Menschen weltweit zur Verfügung gestellt.

Ich frage mich, warum noch niemand auf den Gedanken gekommen ist, die Religionen von überflüssigem - und meist auch schrecklich veraltetem - Wissen zu entrümpeln und den Kern herauszuarbeiten. Es wird sich schnell herausstellen, dass die Institutionen der Religionen sich auf karitative Menschenarbeit beschränken sollten.

Eine schöne Zusammenfassung schrieb Franz Alt: C.G. Jung “Gott lebt in der Seele”.

Weitere Literaturhinweise:
-  726 BC Micha (jüdischer Prophet prangerte den Unsinn von Religionen an)
-  469 BC Sokrates (Philosoph, glaubte nicht an die Götter Athens, sondern an die Liebe)
-    1 BC Johannes der Täufer (der eigentliche Begründer der modernen Christenheit)
-    3 Paulus (Apostel, erster Theologe des Ur-Christentums und sehr erfolgreicher Missionar)
-   90 Marcion (Theologe, entrümpelte die Lehren der Kirche und wurde deshalb Erzketzer genannt)
-  185 Origenes Adamantius (starb für seine klaren Bibelkommentare und deutliche Kirchenkritik)
-  280 Heilige Afra von Augsburg (lehnte es ab, dem Kaiser als Gott zu opfern und wurde enthauptet)
-  470 Nagpopa (die eigentliche Lehre des Buddhismus ist die Liebe)
-  630 Konstanz II (stritt um kirchliche Grundsatzfragen mit dem Papst)
-  980 Avicenna (oder Ibn Sina, persischer Arzt, berühmtester Wissenschaftler des Islam ...)
- 1005 Papst Clemens II (wichtiger Kirchenreformer, der wohl vergiftet wurde)
- 1165 Ibn Arabi (Sufi, Advokat der religiösen Toleranz + “Geist der Heiligkeit leitet die Seele”)
- 1181 Franz von Assisi (gründete den Orden der Franziskaner + der Klarissinnen -> freiwillige Armut)
- 1195 Antonius von Padua (Lektor der Theologie der Franziskaner ...)
- 1225 Thomas von Akquin (Unsterblichkeit der Seele + Vereinigung mit dem Werkzeug Mensch)
- 1250 Moses de Leon (jüdischer Seelenforscher, beschrieb Weg der Seele zw. “Himmel” & “Erde”)
- 1257 Meister Eckhart (Philosoph, erkannte, dass Gott im Jetzt schafft)
- 1264 Keizan Jökin (Gründer der japanischen zen-buddhistischen Soto-shu)
- 1280 Marsilius von Padua (negierte Herrschaftsanspruch des Papstes, proklamierte Volkssouveränität)
- 1301 Johannes Tauler (Theologe, die Seele ist göttlichen Ursprungs & strebt zur Einheit zurück)
- 1342 Juliana von Norwich (erkannte den Heilswillen Gottes gegenüber allen Menschen)
- 1347 Katharina von Siena (Kirchenlehrerin, wandte sich dem Klosters ab + den Menschen zu)
- 1369 Jan Hus (war christlicher Reformer & Märtyrer und Vordenker Martin Luthers)
- 1380 Bernhardin von Siena (Franziskaner, kämpfte gegen die Pest & klagte Zustand der Kirche an)
- 1430 Heinrich Institoris (Inquisitor, gab Hexenprozessen eine juristische Form)
- 1425 Leon Messer (jüdischer Gelehrter, sah die Bibel als Literatur!!!)
- 1433 Marsilio Ficino (Philosoph, bewies die Unsterblichkeit der Seele in Theologia platonica)
- 1466 Erasmus von Rotterdam (Humanist mahnte zu religiösen Toleranz)
- 1484 Huldrych Zwingli (reformiert die Kirche schon weit vor Luther)
- 1499 Petrus von Alcantara (Ordensreformator, ...)
- 1504 Johannes Mathesius (baute in Joachimstal prot. Gemeinde auf + vertrat deren Unabhängigkeit)
- 1511 Michael Servet (Humanist, stellte die Dreieinigkeitslehre in Frage -> verbrannt als Gotteslästerer)
- 1520 Matthias Flacius (sah in der Erbsünde keine Sünde und stritt mit allen Theologen seiner Zeit)
- 1521 Petrus Canisius (1. dt. Jesuit, prangerte Missstände an + akzeptierte andere Kirchenmeinungen)
- 1535 Luis Molina (sah in der Willensfreiheit des Menschen das Göttliche in uns)
- 1561 Robert Southwell (Jesuit, der in England die im Untergrund lebenden Katholiken versorgte ...)
- 1575 Jakob Böhme (erster deutscher Philosoph, forderte ein Christentum ohne Kirche)
- 1584 Anna Overna Hoyers (verfasste religiös satirische Gedichte, kritisierte Kirchenobrigkeit)
- 1592 Emanuele Tesauro (Schriftsteller, schrieb die “Philosphia Morale”)
- 1585 Cornelius Jansen (Theologe, forderte ursprünglichen Katholizismus, kritisierte Kirche)
- 1596 Elisabeth Stuart (Ihr Exil in Den Haag gestaltete sie zu einem geistigen Zentrum der Reformation)
- 1624 Francois dÁix der Lachaise (Jesuit, verteidigte Unabhängigkeit der franz. Kirche gg. Vatikan)
- 1629 Christian Scriver (Theologe, kritisierte die Äußerlichkeiten + Missstände der evang. Kirche)
- 1632 Baruch (Benedictus) Spinoza (Philosoph, Begründer mod. Bibelkritik, Mensch ist Teil der Natur)
- 1635 Phillip Jakob Spener (Theologe, erarbeitete ein Reformprogramm für die evang. Kirche)
- 1638 Nicolaus Steno (kath. Bischof, wandte sich gg. permanente Berufung auf veraltete Autoritäten)
- 1638 Nicolas Malebranche (Philosoph, trennt Leib und Seele des Menschen)
- 1672 Johann Jacob Schleuchzer (erkannte das göttliche Wirken in den Naturwissenschaften)
- 1713 Denis Diderot (legte sich mit dem Klerus an und schuf die erste französische Enzyklopädie)
- 1751 Christian Fürchtegott Gellert (Moralphilosoph, legte den Grundstein der dt. sittlichen Kultur)
- 1762 Christoph Wilhelm Hufeland (setze sich für die soziale Krankenversorgung Armer ein)
- 1771 Friedrich Kreutzer (schrieb: Symbolik und Mythologie der alten Völker ...)
-
1780 Martin Leberecht de Wette (Theologe, schaffte die Grundlagen der Dogmatik)
- 1799 Ignatz von Döllinger (Theologe, Vordenker der Ökumene, Wiedervereinigung der Kirchen)
- 1808 Henry Edward Manning (Theologe, Bau Westminster Cathedral + Ausbau kath. Bildungswesen)
- 1809 Charles Darwin (moderne Evolutionstheorie + Abstammungslehre)
- 1810 Eliphas Lévi (Okkultist “dem Christentum fehlt der Kern ihrer Lehre”)
- 1811 Wilhelm Emmanuel Ketteler (gründete als Bischof die katholische Arbeiter-Bewegung)
- 1831 Nikolei Leskow (setzte sich kritisch mit Kirche und Staat in Russland auseinander)
- 1832 Edward Tylor (Begründer der Kulturanthropologie)
- 1843 Richard Avenarius (Philosoph, entwickelte das “Ökonomieprinzip” für das seelische Leben ...)
- 1858 Helene von Druskowitz (Religionskritikerin, “Zur neuen Lehre” A-Religiöses Gegengewicht)
- 1865 Jefimowitsch Rasputin (nutze als erster Mensch bewusst das seelische Resonanzprinzip)
- 1866 Karl Holl (Kirchenhistoriker, sieht den Protestantismus als eine Gewissensreligion)
- 1868 Maxim Gorkij (russischer Sozialkritiker, trat für Versöhnung des Kommunismus mit Kirche ein)
- 1870 Romolo Murri (Theologe, wollte die katholische Kirche zu einer Demokratie umwandeln)
- 1875 Albert Schweizer (Religionsphilosoph & Arzt, reduzierte theologisch-philosophische Gedanken)
- 1883 Yogananda (Mönch, stellte Gemeinsamkeiten von Buddhismus, Hinduismus + Christentum fest)
- 1895 Jiddu Krishnamurti (weder Methoden, Religionen, Lehrer führen zur Wahrheit)
- 1913 Schalom Ben-Chorin (Religionswissenschaftler, setzte sich für den christlich-jüdischen Dialog ein)
- 1919 Bonifatz Madersbacher (Bischof in Bolivien, setzt sich für Erhaltung der Kultur der Indios ein)
- 1920 Papst Johannes Paul II (stärkt Polen u. führte somit den Zusammenbruch des Ostblocks herbei)
- 1936 Karl Lehmann (Kardinal, für Zusammenschluss der katholischen Kirche von Ost & West)
- 1947 Hubert Seiwert (Religionswissenschaftler relativiert die Gefährlichkeit von Sekten)
 

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Wache Seelengemeinschaft

Stand: 14.11.2012

Religionen